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Anweisende Dokumentation im Evakuierungskonzept

Facility Management: Evakuierungen » Evakuierungskonzept » Anweisende Dokumentation

Anweisende Dokumentation im Evakuierungskonzept

Anweisende Dokumentation im Evakuierungskonzept

In Industrieanlagen ist ein umfassendes Evakuierungskonzept unerlässlich, um im Notfall die Sicherheit aller Personen zu gewährleisten. Ein zentrales Element eines solchen Konzepts ist die anweisende Dokumentation, die als direktive Grundlage für das Verhalten und die Abläufe im Gefahrenfall dient. Darunter versteht man alle schriftlichen und visuellen Unterlagen, die konkrete Handlungsanweisungen für verschiedene Szenarien vorgeben – von Verhaltensregeln im Brandfall bis zu Evakuierungsplänen und Alarmierungsprozeduren. Diese Dokumentation muss höchsten fachlichen Ansprüchen genügen und aktuelle gesetzliche Vorgaben ebenso wie bewährte internationale Standards berücksichtigen. Erstens ist die anweisende Dokumentation kein formaler Selbstzweck, sondern ein lebenswichtiges Instrument der Notfallvorsorge. Sie übersetzt gesetzliche Pflichten und Gefährdungsanalysen in praktische Handlungsanweisungen, die im Ernstfall über Leben und Tod entscheiden können. Zweitens muss diese Dokumentation alle relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllen – von ArbStättV und ASR A2.3 (Fluchtpläne und Übungen), über DGUV-Vorgaben (ausreichend Evakuierungshelfer, Schulungen) bis hin zu Normen wie DIN ISO 23601 für die Gestaltung der Pläne. Drittens ist ein Evakuierungskonzept immer ganzheitlich zu verstehen: Die anweisende Dokumentation deckt ein Spektrum von Inhalten ab – von Verhaltensanweisungen über räumliche Planungen bis hin zu technischen Schnittstellen. Viertens sollte die Integration moderner Technologien aktiv vorangetrieben werden, wo immer sie einen Mehrwert bietet. Fünftens schließlich ist die Kultur der Sicherheit entscheidend. Es obliegt dem Management, das Evakuierungskonzept zu “leben”: durch regelmäßige Unterweisungen aller Mitarbeiter, durch ernsthafte und regelmäßige Evakuierungsübungen, durch sichtbare Unterstützung (z.B. Freistellung der Helfer für Trainings) und durch ein offenes Ohr für Verbesserungen. Ein Evakuierungskonzept ist nur so gut wie das Verständnis und die Motivation der Menschen, die es umsetzen.

Rechtliche und normative Rahmenbedingungen

Eine solide Evakuierungsdokumentation muss sich innerhalb des bestehenden gesetzlichen Rahmens bewegen. In Deutschland bilden das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) die Grundlagen für betriebliche Notfallplanung. Gemäß §4 ArbStättV ist der Arbeitgeber verpflichtet, geeignete Vorkehrungen zu treffen, damit Beschäftigte sich im Gefahrenfall unverzüglich in Sicherheit bringen können. Insbesondere müssen Fluchtwege und Notausgänge jederzeit freigehalten sein und – sofern Lage, Größe oder Nutzung der Arbeitsstätte es erfordern – Flucht- und Rettungspläne erstellt, an geeigneter Stelle ausgehängt und in regelmäßigen Abständen geübt werden. Diese Forderung wird in der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan“ konkretisiert. Die ASR A2.3 (Neufassung 2022) definiert detailliert die Anforderungen an Fluchtwege, Notausgänge, Sicherheitsbeleuchtung sowie an den Inhalt und die Anbringung von Flucht- und Rettungsplänen. So schreibt ASR A2.3 u.a. vor, dass Fluchtpläne übersichtlich, farblich normgerecht (nach ASR A1.3 / DIN ISO 7010) gestaltet und an strategischen Orten im Gebäude ausgehängt werden müssen. Weiterhin verlangt ASR A2.3 die regelmäßige Unterweisung aller Beschäftigten hinsichtlich der Fluchtwege und Alarmierungswege sowie die Durchführung von Evakuierungsübungen in angemessenen Abständen. Diese Übungen dienen der Überprüfung der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen und sollen sicherstellen, dass z.B. die Alarmauslösung, die Alarmierung aller Anwesenden, die Verständlichkeit der Alarmierung und die zügige Räumung tatsächlich funktionieren.

Neben ArbStättV und ASR sind die Vorgaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zu beachten. Insbesondere die DGUV Regel 100-001 („Grundsätze der Prävention“) und branchenspezifische DGUV-Informationen konkretisieren die Anforderungen an betriebliche Notfallorganisation. So fordert die DGUV ausdrücklich die Benennung und Ausbildung von ausreichenden Evakuierungshelfern in Betrieben. Die DGUV Information 205-033 „Alarmierung und Evakuierung“ liefert Handlungshilfen zur Erstellung eines Alarmierungs- und Evakuierungskonzepts auf Basis der Gefährdungsbeurteilung. Darin wird etwa beschrieben, welche Aspekte bei Alarmierungssystemen (z.B. Teil- oder Vollalarmierung, akustische und optische Signale) und bei Evakuierungsabläufen (z.B. Festlegung von Sammelstellen, Berücksichtigung besonderer Personengruppen) zu berücksichtigen sind. Auch branchen- oder anlagenspezifische Vorschriften (z.B. für Störfallbetriebe nach 12. BImSchV bzw. Seveso-III-Richtlinie) können weitergehende Anforderungen an Alarm- und Gefahrenabwehrpläne enthalten, die in das Evakuierungskonzept integriert werden müssen.

Auf Normenebene sind vor allem die DIN-Normen und ISO-Standards relevant, welche die formalen Aspekte der Dokumentation regeln. Ein zentrales Beispiel ist DIN ISO 23601 (Sicherheitskennzeichnung – Flucht- und Rettungspläne). Diese international anerkannte Norm legt Anforderungen an Gestaltung und Inhalt von Flucht- und Rettungsplänen fest, darunter die Verwendung einheitlicher Symbole und Farben, um die Verständlichkeit zu erhöhen. Durch Anwendung der DIN ISO 23601 wird sichergestellt, dass Evakuierungspläne klar lesbar und international verständlich sind, was besonders in Unternehmen mit internationalem Personal oder Besuchern wichtig ist. Daneben standardisiert die DIN 14096 den Aufbau der Brandschutzordnung (Teile A, B, C) – einer weiteren wesentlichen Anweisung im Brand- und Evakuierungsfall (dazu unten mehr). Für Spezialdokumente wie Feuerwehrpläne gilt etwa DIN 14095.

Auf internationaler Ebene sind zudem Best Practices und Richtlinien aus anderen Ländern von Interesse, soweit sie übertragbar sind. In den USA beispielsweise setzen NFPA-Codes Maßstäbe: Der NFPA Life Safety Code (NFPA 101) definiert bau- und betriebstechnische Anforderungen für den sicheren Personenschutz, einschließlich Vorgaben zu Notausgängen und Evakuierungsübungen in bestimmten Belegungsarten. Ebenso adressiert NFPA 1600 (bzw. neuerdings NFPA 1660) das Notfallmanagement und fordert umfassende Notfall-/Evakuierungspläne als Teil eines ganzheitlichen Sicherheitsprogramms. Obwohl die NFPA-Standards im deutschen Rechtsraum nicht bindend sind, bieten sie anerkannte internationale Vergleichsmaßstäbe. So wird z.B. ein Emergency Action Plan (EAP) nach OSHA/NFPA inhaltlich ähnliche Elemente aufweisen wie ein deutsches Evakuierungskonzept – etwa Alarmierungswege, Evakuierungsrouten, Zuständigkeiten und Kommunikationspläne. Das Bewusstsein für solche internationalen Normen hilft, bestmögliche Verfahren zu identifizieren und globale Unternehmensstandards konsistent zu halten.

Zusammenfassend bildet die anweisende Dokumentation einen rechtlich geforderten Bestandteil der betrieblichen Gefahrenvorsorge. Ihre Ausgestaltung muss ArbStättV und ASR-Vorgaben erfüllen, Empfehlungen der DGUV und anderer Regelsetzer aufgreifen und sich an Normen wie DIN ISO 23601 orientieren. Nur so ist gewährleistet, dass die Dokumente im Ernstfall nicht nur formal korrekt, sondern auch praktisch wirksam sind.

Begriffsbestimmung: Anweisende vs. nachweisende Dokumentation

In der Fachliteratur des Brandschutz- und Notfallmanagements wird zwischen anweisender und nachweisender Dokumentation unterschieden. Anweisende Dokumente regeln die Verhaltensweisen in bestimmten Situationen und geben verbindliche Vorgaben, wie im Notfall zu handeln ist. Sie richten sich also an Personen (Beschäftigte, Besucher, Rettungskräfte) und dienen der präventiven Instruktion und akuten Führung. Beispiele hierfür sind Evakuierungs- und Räumungspläne, Alarmpläne, Betriebs- und Verhaltensanweisungen für Notfälle, die Brandschutzordnung Teil A (Verhalten im Brandfall) oder standortspezifische Notfallhandbücher. Charakteristisch ist, dass diese Dokumente vor und während eines Vorfalls handlungsleitend sind. Sie müssen daher stets aktuell, vollständig und an den relevanten Orten verfügbar sein – z.B. als Aushang in Fluren oder digital auf mobilen Endgeräten.

Demgegenüber dient die nachweisende Dokumentation als Beleg und Nachweis dafür, dass die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten wurden. Dazu zählen Protokolle, Prüfberichte, Wartungsnachweise (etwa von Feuerlöschern, Alarmanlagen, Notbeleuchtung), Teilnehmerlisten von Unterweisungen und Übungen, etc. Diese Dokumente werden nach durchgeführten Maßnahmen oder Ereignissen erstellt und müssen aufbewahrt werden, um gegenüber Behörden oder bei Audits die Erfüllung der Pflichten belegen zu können. Zwar fällt die nachweisende Dokumentation nicht direkt unter den Begriff “Evakuierungskonzept”, doch gibt es Schnittmengen – zum Beispiel müssen die Durchführung und Auswertung von Evakuierungsübungen dokumentiert sein, was wiederum die kontinuierliche Verbesserung der anweisenden Pläne ermöglicht.

In diesem Beitrag konzentrieren wir uns auf die anweisende Dokumentation im Evakuierungskonzept, da sie für die unmittelbare Sicherheit im Ereignisfall maßgeblich ist. Allerdings sei angemerkt, dass beide Dokumentationsarten zusammenhängen: Gute anweisende Unterlagen führen zu effektiven Übungen, die nachweisend dokumentiert werden; umgekehrt liefern die Analysen aus Übungen und Zwischenfällen (nachweisende Doku) die Grundlage, um die anweisenden Unterlagen fortzuschreiben. Für ein ganzheitliches Sicherheitsmanagement sollten daher beide Perspektiven berücksichtigt werden. Die nachfolgenden Kapitel beleuchten im Detail die wichtigsten Inhalte und Komponenten der anweisenden Evakuierungsdokumentation sowie deren praktische Umsetzung im industriellen Umfeld.

Rolle und Bedeutung der anweisenden Dokumentation im Evakuierungskonzept

Die anweisende Dokumentation übernimmt im Evakuierungskonzept die Funktion eines Leitfadens und Steuerungsinstruments. Sie übersetzt abstrakte Gefährdungsbeurteilungen und Brandschutzkonzepte in konkrete Handlungsanleitungen für den Notfall. Für die Leitungskräfte im Facility Management bedeutet dies, dass anweisende Dokumente das zentrale Kommunikationsmittel sind, um alle Beteiligten – von Mitarbeitenden über Fremdfirmen bis hin zu Einsatzkräften – auf ein abgestimmtes Vorgehen einzuschwören.

Wesentliche Rollen der anweisenden Dokumentation sind:

  • Prävention durch Schulung: Bereits in Friedenszeiten dienen die Dokumente dazu, Beschäftigte zu unterweisen und zu sensibilisieren. Ein gut ausgearbeitetes Evakuierungshandbuch oder eine übersichtliche Brandschutzordnung Teil A kann etwa in Sicherheitsunterweisungen als Grundlage genutzt werden, um das richtige Verhalten im Brandfall einzuüben. Durch kontinuierliche Schulung mit diesen Unterlagen wird erreicht, dass im Ernstfall alle Personen die Pläne kennen und Panik reduziert wird.

  • Standardisierung von Abläufen: Die Dokumentation stellt sicher, dass im Gefahrenfall definierte Prozesse eingehalten werden. Sie schafft eine gemeinsame Sprache und Erwartungshaltung: z.B. wissen alle Evakuierungshelfer, welche Aufgaben sie laut Alarmplan haben, oder jeder Mitarbeiter kennt die Sammelstelle und die Grundregeln (“Im Brandfall keine Aufzüge benutzen, Türen schließen, zu Sammelplatz X gehen” etc.). Diese Standardisierung ist entscheidend, um Chaos zu vermeiden und die Evakuierung geordnet ablaufen zu lassen.

  • Rechts- und Regelkonformität: Anweisende Dokumente manifestieren die vom Gesetz geforderten Maßnahmen schriftlich. Sie dienen somit dem Arbeitgeber auch als Nachweis der Organisationspflicht. Insbesondere schriftliche Flucht- und Rettungspläne und Brandschutzordnungen werden von Aufsichtsbehörden und Unfallversicherern explizit verlangt und bei Begehungen kontrolliert. Fehlende oder unzureichende Dokumentation kann nicht nur im Ernstfall fatale Folgen haben, sondern auch juristische Konsequenzen (z.B. im Haftungsfall) nach sich ziehen – das Motto lautet hier: “Ohne Dokumentation keine Exkulpation”, da nur dokumentierte Planung und Unterweisung eine Entlastung im Schadensfall ermöglichen.

  • Unterstützung der Einsatzleitung: Im Ereignisfall dienen die Pläne und Anweisungen als Informationsquelle für interne Krisenstäbe und externe Einsatzkräfte. Feuerwehr und Werkschutz greifen z.B. auf Feuerwehrpläne und Gefahrstoffverzeichnisse zurück, um ihre Taktik abzustimmen. Gleichzeitig stützen sich Evakuierungshelfer und Führungskräfte auf Alarm- und Kommunikationspläne, um Entscheidungen (wie Teil- vs. Vollräumung) anhand zuvor definierter Kriterien zu treffen. Die Dokumentation fungiert somit als Interface zwischen Planung und Echtzeit-Entscheidung – sie stellt sicher, dass unter Stress keine wichtigen Schritte übersehen werden und dass alle Ebenen (Mitarbeiter, Evakuierungshelfer, Management, externe Rettungskräfte) synchronisiert handeln.

  • Kontinuität und Verbesserung: Schließlich ist die Dokumentation auch die Basis für die Weiterentwicklung des Evakuierungskonzepts. Nach jeder Übung oder jedem realen Zwischenfall werden die Abläufe anhand der Dokumentation reflektiert: Waren die Vorgaben praktikabel? Wurden alle erreicht? Diese Rückmeldungen fließen in Revisionen der Dokumente ein. Damit treibt die anweisende Dokumentation einen Zyklus der kontinuierlichen Verbesserung im Notfallmanagement voran. Ein Evakuierungskonzept ist kein statisches Papier, sondern ein lebendes System, das sich verändernden Bedingungen anpassen muss – sei es durch bauliche Änderungen, neue Nutzungskonzepte oder Erkenntnisse aus Störfällen.

Zusammengefasst ist die anweisende Dokumentation das Herzstück eines Evakuierungskonzepts: Sie verbindet präventive Vorbereitung mit operativer Führung im Notfall. Für Führungskräfte im Facility Management bedeutet dies, dass der Erstellung, Pflege und Schulung dieser Dokumente höchste Priorität eingeräumt werden muss, um sowohl den Schutz von Menschenleben als auch die Compliance mit gesetzlichen Vorgaben sicherzustellen.

Zentrale Komponenten der anweisenden Evakuierungsdokumentation

Ein vollständiges Evakuierungskonzept für eine Industrieanlage besteht aus mehreren inhaltlichen Bausteinen, die in der anweisenden Dokumentation abgebildet werden. Im Folgenden werden die Kernkomponenten diskutiert, die in einer postdoktoralen Tiefe sowohl theoretisch begründet als auch mit praktischen Beispielen illustriert werden. Diese Komponenten umfassen: (a) betriebliche Anweisungen und Verhaltensregeln, (b) räumliche und funktionale Zonierung, (c) rollenbezogene Zuständigkeiten, (d) Alarmierungs- und Kommunikationsabläufe, (e) Integration in digitale Systeme, sowie (f) formale Aspekte wie Dokumentationsformate, Revision und Auditierbarkeit.

Betriebliche Anweisungen und Verhaltensregeln

Unter betriebs- und verhaltensorientierten Anweisungen versteht man all jene Dokumente, die den Menschen im Fokus haben und ihnen konkrete Handlungsanleitungen für Notfälle geben.

Hier sind vor allem zwei Ebenen zu unterscheiden: allgemeine Verhaltensregeln für alle Personen und spezielle Anweisungen für definierte Gruppen oder Situationen:

  • Allgemeine Verhaltensanweisungen: Die wichtigste Schrift an dieser Stelle ist die Brandschutzordnung Teil A gemäß DIN 14096. Teil A richtet sich an alle Personen im Gebäude (Beschäftigte wie Besucher) und muss gut sichtbar aushängen. Sie enthält in kurzer, prägnanter Form die grundlegenden Regeln für das Verhalten im Brandfall: Wie alarmiere ich richtig?, Welche Fluchtwege nutze ich?, Was ist an den Sammelstellen zu tun?, Welche grundlegenden „Do’s and Don’ts“ gelten (keine Aufzüge benutzen, Türen schließen, keine Panik, Erste Hilfe leisten etc.)?. Ebenso zählen die Notrufnummern (intern/extern) und Kontaktdaten wichtiger Ansprechpersonen dazu. Diese Aushangordnung (auch als „Verhalten im Brandfall“-Plakat bekannt) muss klar verständlich und möglichst auch piktografisch unterstützt sein, damit im Stressfall und auch von Personen mit Sprachbarrieren das Wesentliche erfasst werden kann. In internationalen Unternehmen sind mehrsprachige Aushänge essentiell. Neben dem Brandfall können in Teil A auch andere Notfälle abgedeckt sein (z.B. Verhalten bei Unfällen oder Evakuierung bei Bombendrohung), je nach Gefährdungslage. Wichtig ist, dass diese allgemeinen Verhaltensregeln für jeden sichtbar und jederzeit präsent sind – sie bilden den Niederschlag dessen, was in Unterweisungen vermittelt wurde, und sind im Ereignisfall eine letzte Erinnerungshilfe für alle Betroffenen.

  • Spezielle betriebliche Anweisungen: Darüber hinaus gibt es anweisende Dokumente, die zielgruppenspezifisch oder szenarienspezifisch ausgestaltet sind. Hierunter fällt z.B. die Brandschutzordnung Teil B, die sich an alle Mitarbeiter richtet und detailliertere Vorschriften für den Brandschutz und die Räumung im eigenen Betrieb enthält. Teil B behandelt etwa innerbetriebliche Brandschutzmaßnahmen (Lagerung von Gefahrstoffen, Freihalten von Fluchtwegen), das Verhalten von Mitarbeitern im Brandfall mit Zuständigkeiten, und präventive Aufgaben im Alltag. Die Inhalte von Teil B müssen den Mitarbeitern bekannt sein und regelmäßig geschult werden. Noch tiefer geht Brandschutzordnung Teil C, die für Personen mit besonderen Brandschutzaufgaben bestimmt ist (z.B. Brandschutzbeauftragte, Sicherheitsingenieure, Mitglieder des Notfallteams). Teil C enthält unter anderem Anweisungen zur Durchführung von Brandrisikoanalysen, zu Wartung von Brandschutzeinrichtungen und zur Koordination mit externen Stellen sowie Notfall- und Evakuierungsverfahren im Detail. Hier findet sich praktisch das schriftliche „Drehbuch“ für diejenigen, die im Ernstfall Führungs- oder Spezialaufgaben übernehmen. Ergänzt werden diese Anweisungen oft durch betriebsinterne Alarm- und Gefahrenabwehrpläne, die beispielsweise bei größeren Unternehmen oder besonders risikobehafteten Anlagen die verschiedenen Notfallszenarien (Brand, Chemieunfall, Bombendrohung, Amoklauf etc.) in separaten Abschnitten behandeln. Darin werden jeweils auslösende Kriterien, Meldewege, Verhalten der Mitarbeitenden und besondere Maßnahmen (z.B. Abschalten von Anlagen, Einschluss statt Evakuierung bei Gaswolken – „Shelter in place“ gemäß DGUV 205-033) festgelegt.

  • Evakuierungspläne und Übersichtspläne: Ebenfalls Teil der anweisenden Dokumentation sind die visuellen Flucht- und Evakuierungspläne für das Gebäude. Diese Pläne (gemäß ASR A2.3 und DIN ISO 23601) zeigen grafisch den Grundriss mit eingezeichneten Fluchtwegen, Notausgängen, Standorten von Feuerlöschern, Erste-Hilfe-Einrichtungen sowie den gekennzeichneten Sammelplätzen. Oft sind darauf auch Verhaltenshinweise abgedruckt, wie z.B. ein Ausschnitt der Brandschutzordnung Teil A oder Piktogramme für “Sie sind hier” und “Verhalten im Brandfall”. Diese Pläne sind an zentralen Stellen wie Fluren, Treppenhäusern, Eingangsbereichen auszuhängen. Ihr Zweck ist, allen Personen im Gebäude – auch Ortsunkundigen – im Notfall sofort die Orientierung zu bieten, wohin sie flüchten müssen. Im Gegensatz zu allgemeinen Verhaltensregeln sind diese Pläne objektspezifisch. In Industriebetrieben können sie sehr umfangreich sein (große Hallen, komplexe Anlagen). Daher ist es wichtig, dass sie übersichtlich und intuitiv gestaltet sind (Farben, Symbole gemäß Norm) und bei baulichen Änderungen unverzüglich aktualisiert werden. Neben den öffentlich aushängenden Fluchtplänen existieren intern oft noch detailliertere Evakuierungsübersichtspläne, auf denen z.B. die Aufteilung in Evakuierungszonen, die Position der Evakuierungshelfer und die jeweiligen Verantwortlichkeiten verzeichnet sind. Solche Pläne dienen der Einsatzleitung und dem Krisenstab als Werkzeug, um den Räumungsfortschritt zu überwachen (Stichwort: welche Bereiche sind bereits geräumt, welche Evakuierungshelfer melden Vollzug).

Insgesamt sorgen die betrieblichen Anweisungen und Verhaltensregeln dafür, dass alle Personen wissen, was im Notfall zu tun ist. Sie spannen den Bogen von allgemeinsten Verhaltensgrundsätzen bis hin zu detaillierten Handlungsanweisungen für Spezialisten. Für ein wirksames Evakuierungskonzept ist es wesentlich, dass diese Dokumente klar, verständlich und leicht zugänglich sind – denn in der Krise bleibt keine Zeit für Interpretation oder lange Suche. Deshalb sollten solche Anweisungen regelmäßig kommuniziert, geübt und vor Ort präsent gehalten werden (Aushänge, Intranetseiten, Handzettel, Notfallkarten etc.).

Räumliche und funktionale Zonierung des Geländes

Industrieanlagen zeichnen sich häufig durch große Ausdehnung, unterschiedliche Nutzungsbereiche und komplexe Gebäudestrukturen aus. Eine räumliche und funktionale Zonierung ist daher ein Kernbestandteil des Evakuierungskonzepts, um Evakuierungsmaßnahmen gezielt steuern zu können. Unter Zonierung versteht man die Aufteilung des Objekts in definierte Bereiche (Zonen), für die jeweils spezifische Alarmierungs- und Räumungsprozesse gelten. Diese Strategie erhöht die Effizienz der Notfallkommunikation und verhindert unnötige Vollalarme oder Panik in unbetroffenen Bereichen.

Arten der Zonierung:

  • Geografisch-strukturelle Zonierung: Hierbei werden Zonen anhand der baulichen Gegebenheiten definiert, etwa pro Gebäudetrakt, Stockwerk oder Brandabschnitt. Große Anlagen lassen sich so in überschaubare Einheiten gliedern. Ein Beispiel: Ein Produktionsgebäude könnte in Nord- und Südflügel unterteilt sein, jeder mit mehreren Stockwerken. Bei einem lokalen Ereignis (z.B. Brand in einer Werkhalle) kann dann zunächst nur der betroffene Flügel alarmiert und evakuiert werden, während der andere Flügel in Bereitschaft bleibt. Brandabschnitte (feuerwiderstandsfähig abgetrennte Bereiche) spielen in diesem Kontext eine besondere Rolle: Sie dienen im Ernstfall als sichere Bereiche, in die man bei Bedarf vorübergehend flüchten kann, oder als Grenze, ab der andere Zonen (vorerst) nicht evakuiert werden müssen. Die Zonierung entlang von Brandabschnitten ist auch in Normen verankert; ein Fluchtweg darf z.B. in einen benachbarten Brandabschnitt führen, der als sicher gilt. Durch solche baulich definierte Zonen kann man Evakuierungen staffeln und Feuerwehrzugänge gezielt lenken.

  • Nutzungsbezogene Zonierung: Alternativ oder ergänzend können Zonen nach ihrer funktionalen Nutzung festgelegt werden. Beispielsweise unterscheidet man Bürobereiche, Produktionshallen, Lagerbereiche, technische Anlagenbereiche und öffentlich zugängliche Zonen. Diese Aufteilung trägt dem Umstand Rechnung, dass verschiedene Bereiche sehr unterschiedliche Risiken und Personengruppen haben. In Büros bestehen andere Gefahrenszenarien als in einer Chemiefabrik. Die Produktionsbereiche einer Industrieanlage weisen oft ein höheres Gefährdungspotential auf (Maschinen, Chemikalien, Druckbehälter) und erfordern robustere Schutzmaßnahmen sowie möglicherweise sofortige Vollräumung bei bestimmten Alarmen. Lagerhallen mit brennbaren Stoffen könnten separate Evakuierungsanweisungen haben (z.B. wegen möglicher Rauchentwicklung besondere Fluchthauben bereitstellen). Öffentliche Bereiche wie Empfang oder Besucherräume erfordern wiederum spezielle Betreuung, da sich dort Ortsunkundige aufhalten. Eine nutzungsorientierte Zonierung erlaubt also, die Evakuierungsdokumentation maßzuschneidern: Für jede Zone können spezifische Sammelplätze, Alarmierungsarten und Prioritäten festgelegt werden.

  • Alarmierungs- und Evakuierungstaktik nach Zonen: Ein großer Vorteil der Zoneneinteilung besteht darin, eine Teilalarmierung durchzuführen. Moderne Brandmeldesysteme und ENS (Notfallwarnsysteme) erlauben es, Alarme auf bestimmte Gebäudeabschnitte zu beschränken. So kann z.B. bei einem lokalen Entstehungsbrand erst nur eine Alarmzone (ein Stockwerk) alarmiert und geräumt werden, während die anderen Zonen in Hab-Acht-Stellung verbleiben. Dies reduziert unbegründete Betriebsunterbrechungen und Paniksituationen. Die anweisende Dokumentation muss hierfür festhalten, welche Kriterien eine Teil- vs. Vollräumung auslösen. Beispielsweise könnte der Alarmplan vorschreiben: “Bei Brandmelderalarm in Zone 1 erfolgt Vollalarm in Zone 1 und Voralarm (Durchsage ‘Bereit machen’) in den benachbarten Zonen 2 und 3; die übrigen Zonen bleiben vorerst unbeeinflusst.” Kommunikationssysteme wie Sprachalarmanlagen (SAA) sind hier hilfreich, um differenzierte Durchsagen nach Zone zu machen (z.B. “Bitte Zone 1 sofort verlassen” während in Zone 2 nur informiert wird, noch abzuwarten). Die Zonierung spiegelt sich somit direkt in der Alarmierungsdokumentation wider: Gebäudepläne mit Zonennummern, Zuordnung welcher Alarmknopf welche Zone auslöst, Wer in der Leitstelle welche Sequenz initiiert, etc.

  • Evakuierungsreihenfolge und Prioritäten: In besonderen Fällen definiert die Zonierung auch eine Räumungsreihenfolge. Etwa in Krankenhäusern oder großen Chemiewerken wird manchmal ein phasenweiser Räumungsplan aufgestellt: zuerst die akut gefährdete Zone, dann angrenzende Bereiche, etc., bis ggf. das ganze Werk geräumt ist. Solche Phased Evacuation-Konzepte müssen sehr sorgfältig dokumentiert und trainiert sein, da sie hohe Anforderungen an die Koordination stellen. In Industriebetrieben ohne Publikumsverkehr kann meist eine zügige Vollräumung aller betroffenen Bereiche parallel stattfinden; jedoch könnte man z.B. kritische Anlagenbereiche zunächst von wenigen Personen sichern lassen (Notabschaltungen durchführen), bevor diese Personen sich selbst in Sicherheit bringen (Grundsatz “Eigenschutz vor Fremdschutz” bleibt aber oberste Priorität).

Zusammengefasst ermöglicht die räumliche und funktionale Zonierung eine differenzierte Alarmierung und Evakuierung, abgestimmt auf die Erfordernisse des jeweiligen Bereichs. Die anweisende Dokumentation muss diese Zoneneinteilung klar wiedergeben – etwa durch farblich kodierte Pläne, Zonenkarten in der Alarmzentrale, und spezifische Anweisungen pro Zone. Dadurch wird sichergestellt, dass im Notfall gezielt reagiert wird: Die richtigen Leute werden alarmiert, die richtigen Maßnahmen in der richtigen Reihenfolge ergriffen. Für das Facility Management bedeutet das auch organisatorisch, entsprechende Verantwortlichkeiten zonenweise zu verteilen (z.B. jeder Gebäudeflügel hat ein eigenes Evakuierungsteam). Nicht zuletzt hilft Zonierung auch dabei, Evakuierungsübungen realistisch durchzuführen, indem man z.B. nur einen Gebäudeteil als Übungsszenario wählt und so den Geschäftsbetrieb anderswo nicht komplett stilllegen muss.

Akteure und stakeholder-spezifische Verantwortlichkeiten

Ein Evakuierungskonzept steht und fällt mit den Menschen, die es ausführen. Daher ist in der anweisenden Dokumentation klar festzulegen, wer im Notfall welche Rolle und Aufgabe übernimmt. Insbesondere in größeren Einrichtungen werden bestimmte Mitarbeiter zu Evakuierungshelfern oder Notfallverantwortlichen ernannt, um einen geordneten Ablauf sicherzustellen.

Folgende Schlüsselrollen sind typischerweise zu berücksichtigen:

  • Evakuierungshelfer / Räumungshelfer: Diese auch als Brandschutzhelfer oder Sicherheitshelfer bezeichneten Personen bilden das Rückgrat der operativen Evakuierung. Gemäß ArbSchG/ArbStättV hat der Arbeitgeber eine ausreichende Anzahl solcher Helfer zu benennen und auszubilden. Die genaue Anzahl richtet sich nach Mitarbeiterzahl, Gebäudegröße und Gefährdung – oft wird ein Richtwert von z.B. 5% der Beschäftigten genannt, mindestens jedoch 2 pro Etage, je nach Empfehlung der BG. Evakuierungshelfer übernehmen im Alarmfall Aufgaben wie: Alarmierung bestätigen und weitergeben, die zügige Räumung ihres Bereichs überwachen, Personen mit Einschränkungen gezielt unterstützen, Kontrolle der Räumlichkeiten (prüfen, ob Räume leer sind), und anschließend Meldung am Sammelplatz, ob ihr Bereich vollständig geräumt ist. Sie müssen dabei selbst besonnen bleiben und andere anleiten. Die Dokumentation muss hierfür für jeden Helfer einen klar umrissenen Zuständigkeitsbereich ausweisen (z.B. “Herr X, Evakuierungshelfer für Gebäude A, 2. OG, zuständig für Räume 201-220”). Zudem tragen Evakuierungshelfer oft eine erkennbare Kennzeichnung (Warnweste, Helm mit Aufschrift o.ä.), damit sie von Kollegen und Einsatzkräften identifiziert werden können. Ihre spezifischen Pflichten sind in einer Dienstanweisung oder im Evakuierungshandbuch beschrieben – etwa “Evakuierungshelfer Müller stellt sicher, dass die ihm zugewiesene Zone komplett geräumt ist, verschließt nach Durchsuchung die Türen und meldet ‘Bereich leer’ an den Sammelstellen-Koordinator”. In vielen Betrieben überschneidet sich die Rolle mit der des Brandschutzhelfers (der gemäß ArbSchV ausgebildet ist, Entstehungsbrände zu löschen). Tatsächlich werden Brandschutzhelfer in kleineren Firmen oft zugleich als Evakuierungshelfer eingesetzt. Wichtig ist, dass diese Personen regelmäßig geschult werden: Neben den Kenntnissen zum Feuerlöschen benötigen sie Evakuierungstraining, d.h. Verhalten bei Panik, Nutzung von Fluchtgeräte (z.B. Evakuierungsstuhl für Rollstuhlfahrer), Bedienung von Rauchabzugsanlagen, etc.. Die DGUV fordert hierfür entsprechende Ausbildungsinhalte, wie in [19] dargestellt. Die anweisende Dokumentation (z.B. Teil C der Brandschutzordnung) listet diese Inhalte und stellt sicher, dass ein Schulungsplan existiert.

  • Evakuierungsleiter / Verantwortliche der Räumung: In umfangreichen Objekten wird oft ein Mitarbeiter der höheren Ebene als Evakuierungsleiter bestimmt. Dies kann der Sicherheitsingenieur, der Objektleiter oder ein anderer fachkundiger sein, der im Alarmfall eine Übersichtsfunktion einnimmt. Der Evakuierungsleiter koordiniert die Meldungen der Evakuierungshelfer, hält Kontakt zum internen Krisenstab oder der Unternehmensleitung und kommuniziert mit der Feuerwehr bei Eintreffen. In der Dokumentation sollte stehen, wer diese Person ist (Vertreterregelung nicht vergessen) und wo ihr Einsatzort ist (z.B. an der Feuerwehr-Informationszentrale oder am Sammelplatz). Oft rüstet man Evakuierungsleiter mit besonderen Kommunikationsmitteln aus (z.B. Funkgerät). Ihre Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse – etwa Auslösen eines Vollalarms, Anweisung zur Wiederevakuierung bei Fehlalarm, Entscheidung über “Shelter-in-place” – müssen klar vorab definiert sein.

  • Notfall- und Krisenstab: Viele Industrieunternehmen haben für größere Ereignisse einen betrieblichen Notfall- bzw. Krisenstab vorgesehen. Dieses Gremium, oft bestehend aus Werksleitung, Sicherheitsfachkraft, Betriebsarzt, Öffentlichkeitsarbeit etc., sammelt sich im Ereignisfall an einem definierten Ort (Krisenstabsraum) und übernimmt die strategische Steuerung (z.B. Kontakt zu Behörden, Entscheidung Betriebsausfall, Presseinformation). Im Kontext der Evakuierung greift der Krisenstab erst ab einer gewissen Eskalationsstufe ein – zum Beispiel, wenn neben der unmittelbaren Rettung weitere Entscheidungen anstehen (Werkschließung, Alarmierung Nachbarbetriebe, Betreuung Verletzter, Auslösung externer Katastrophenpläne). Die anweisende Dokumentation sollte darlegen, wann der Krisenstab einberufen wird, wer dazugehört und wie die Schnittstellen zu den operativen Helfern sind. Oft wird der Evakuierungs- bzw. Einsatzleiter Teil des Krisenstabs oder berichtet an diesen. Im Evakuierungsplan kann ein eigenes Kapitel “Notfallorganisation” die Hierarchie skizzieren (z.B. Flussdiagramm mit Alarmweg: Mitarbeiter -> Evakuierungshelfer -> Evakuierungsleiter -> Krisenstab).

Fachpersonal und Sonstige: Weitere Stakeholder sind je nach Betrieb einzubeziehen:

  • Betriebsfeuerwehr oder Werkschutz (falls vorhanden): Diese internen professionellen Kräfte haben definierte Aufgaben, z.B. Brandbekämpfung, technische Hilfestellung, Absperren von Bereichen. Ihre Alarmierung und Zusammenarbeit mit öffentlichen Einsatzkräften (Feuerwehr, Polizei) ist in Alarmplänen festgelegt. Die Dokumentation sollte die Übergabepunkte definieren, also wer die Feuerwehr einweist, wo Feuerwehrpläne bereitliegen, etc.

  • Ersthelfer / Sanitäter: Parallel zur Evakuierung müssen Ersthelfer Verletzte versorgen. Ersthelfer sind ebenfalls nach ArbSchG in ausreichender Zahl auszubilden. In den Anweisungen kann z.B. stehen: “Ersthelfer begeben sich nach Evakuierungsalarm mit ihrem Sanitätsmaterial unverzüglich zum Sammelplatz X und richten eine Erstversorgungstation ein.”

  • Mitarbeiter mit besonderen Aufgaben: Dazu zählen z.B. Anlagenfahrer, die im Notfall Anlagen sicher herunterfahren oder Energiequellen abschalten sollen, bevor sie sich selbst retten. In Chemieanlagen etwa gibt es Not-Abfahrprozeduren. Solche Abläufe müssen in kurzen Anweisungen klar geregelt sein, inklusive Abbruchkriterien (spätestens bei unmittelbarer Gefahr ist Selbstrettung wichtiger als Anlage retten, vgl. Priorität “Personenschutz vor Sachwertschutz”).

  • Externe Personen (Besucher, Fremdfirmen): Die Dokumentation muss auch Verantwortlichkeiten für nicht eigene Beschäftigte berücksichtigen. Beispielsweise könnten Mitarbeiter der Empfangszentrale angewiesen sein, Besucherlisten mitzunehmen und Besucher an Sammelplätze zu führen. Fremdfirmenmitarbeiter sind oft sich selbst überlassen, weshalb es ratsam ist, auch sie bei Unterweisung zu erfassen (z.B. Verpflichtung der Fremdfirmen, Evakuierungshelfer zu stellen oder im Werk gestellte Helfer zu informieren). Einige Betriebe verteilen temporären Besuchern beim Check-In ein Infoblatt mit den wichtigsten Verhaltensregeln im Alarmfall und dem Hinweiss, den Anweisungen der Firmenmitarbeiter zu folgen.

All diese Rollen und Zuständigkeiten gehören übersichtlich dokumentiert. In der Praxis wird hierfür häufig eine Tabelle oder Matrix im Evakuierungshandbuch genutzt, z.B.:

Rolle

Name/Abteilung

Stellvertretung

Aufgaben im Notfall

Evakuierungshelfer 2. OG, Gebäude A

Max Mustermann (Produktion)

Erika Beispiel

Bereich räumen, melden, Unterstützung Behinderter, ...

Evakuierungsleiter Gebäude A

Peter Chef (Facility Mgmt)

[Vertreter]

Koordination vor Ort, Infos an Feuerwehr, ...

Ersthelfer Sammelplatz X

Anna Sanitäter (Werksarzt)

Erstversorgung Verletzter am Sammelplatz, ...

Solche Aufstellungen werden idealerweise auch regelmäßig aktualisiert (Personalwechsel!) und geübt. Die Dokumentation sollte zudem Kontaktdaten (Telefon, Funkkanal) der Schlüsselpersonen enthalten, was aber aus Sicherheitsgründen oft nicht öffentlich aushängt, sondern intern verteilt wird.

Zusammengefasst stellt die anweisende Dokumentation sicher, dass jede Person im System ihren Platz kennt. Im Notfall darf keine Unklarheit herrschen, wer was zu tun hat. Diese klare Rollenverteilung erhöht nicht nur die Effektivität der Evakuierung, sondern gibt den Beteiligten auch Sicherheit, da sie einen festen Auftrag haben und wissen, worauf sie sich konzentrieren müssen. Gerade in panikträchtigen Situationen hilft ein solches Gerüst aus Verantwortlichkeiten, die Lage zu strukturieren.

Alarmierungsabläufe, Kommunikationsflüsse und Schnittstellenmanagement

Alarmierung und Kommunikation bilden die Nervenbahnen jedes Evakuierungskonzepts. Die beste Planung nützt nichts, wenn im Ernstfall die Gefahr nicht rechtzeitig erkannt oder die falschen Informationen weitergegeben werden. Die anweisende Dokumentation muss daher detailliert festhalten, wie die Alarmierung im Notfall erfolgt und wie die Kommunikation zwischen allen Beteiligten verläuft. Dabei sind sowohl technische Systeme als auch organisatorische Abläufe zu betrachten.

Alarmierungswege und -mittel: Zunächst muss definiert sein, wer einen Alarm auslösen darf/kann und wie dies geschieht. In der Regel existieren automatische Alarme durch Brandmeldeanlagen (BMA) – z.B. Rauchmelder, Sprinklerdruck – sowie manuelle Auslösemöglichkeiten (Handfeuermelder, Notruftaster). Die Dokumentation (z.B. Alarmplan) beschreibt: “Im Falle von Brandentdeckung ist sofort der nächstgelegene Handmelder zu betätigen und zusätzlich telefonisch die Leitstelle unter Nummer XYZ zu informieren.” Sie legt auch fest, ob ein Melder direkt Vollalarm auslöst oder erst in einer Leitstelle aufläuft. Bei vielen Industrieanlagen gibt es eine 24/7 besetzte Sicherheitszentrale, welche Alarme entgegennimmt und bewertet. Dann ist im Plan der Ablauf z.B.: Brandmelderalarm -> Sicherheitszentrale -> bestätigt Alarm und löst Räumungsalarm aus, ruft Feuerwehr. Alternativ bei kleineren Betrieben: Brandmelderalarm -> direkt Sirenen/Sprachalarm + automatischer Feuerwehrlauf. Wichtig ist die Vermeidung von Signalverwechslungen: Falls im Betrieb akustische Signale genutzt werden (Sirene, Klingel), muss klargestellt sein, welches Signal was bedeutet (z.B. durch unterschiedlich modulierte Töne oder Sprachdurchsagen), um Verwechslungen mit anderen Signalen (Schichtende, Maschinenalarm) auszuschließen. Moderne Systeme setzen oft auf Sprachalarmanlagen (SAA), die klar verständliche Durchsagen geben – damit wird erreicht, dass wirklich jeder den Alarm versteht, inklusive Hinweis was zu tun ist. Für laute Produktionsumgebungen kann das 2-Sinne-Prinzip angewandt werden: akustisch und optisch (Blinklichter) alarmieren, ggf. ergänzt um Pager/Vibrationsalarm für gehörgeschädigte Personen. Die Dokumentation sollte alle Alarmierungsmöglichkeiten aufführen: Zuruf, Telefonkette, Megaphon als Backup, mobile Alarmierungsanlagen für Baustellen, etc. – jeweils mit Angabe, wann welches Mittel eingesetzt wird. Hierbei werden auch redundante Pfade bedacht: z.B. was tun bei Stromausfall (Notstrom für BMA/SAA), wer alarmiert extern, falls Telefone tot sind, usw.

Interne Kommunikation und Schnittstellen: Sobald der Alarm initiiert ist, müssen Informationen fließen:

  • Zwischen Evakuierungshelfern: Viele Unternehmen statten ihre Evakuierungshelfer mit einfachen Kommunikationsmitteln aus (Funkgeräte, WhatsApp-Gruppen, SMS-Broadcast). Die Dokumentation kann z.B. vorsehen, dass nach Verlassen des Gebäudes jeder Bereichshelfer per Funk an den Evakuierungsleiter meldet: “Bereich X geräumt, keine Personen mehr.” Dies erfordert vorher definierte Funkrufnamen und Protokolle (z.B. welcher Kanal genutzt wird). In kleinerem Rahmen erledigt man dies am Sammelplatz durch Zuruf oder Meldungstafeln.

  • Zwischen Evakuierungsleitung und Krisenstab: Sollte ein Krisenstab aktiv sein, muss die Evakuierungsleitung regelmäßig Lageberichte übermitteln (z.B. “Gebäude komplett geräumt, 2 Verletzte versorgt, Feuerwehr vor Ort um 10:35 Uhr”). Umgekehrt kann die Unternehmensleitung Anweisungen geben (etwa “Nachbarbetrieb informieren” oder “Werksirene auslösen für Gesamtwerk”). Diese Hierarchie der Kommunikation gehört in den Plan. Oft hilft eine Flussdiagramm-Darstellung: Wer kommuniziert mit wem in welcher Phase.

  • Externe Kommunikation: Der Kontakt zur öffentlichen Feuerwehr und Rettungsdienst ist kritisch. In der Regel wird parallel zum internen Alarm sofort der externe Notruf 112 abgesetzt. Die Dokumentation kann hier z.B. einen Alarmierungsplan enthalten: “Alarmierung externer Stellen: a) Feuerwehr 112 durch Leitstelle/Sicherheitsdienst, b) Werksarzt durch internen Ruf, c) Nachbarbetriebe informieren (bei Gefahrstoffaustritt) durch Anrufliste…”. Sobald die Feuerwehr eintrifft, muss eine Übergabe erfolgen – wer macht das? (z.B. Evakuierungsleiter wartet am Haupteingang mit Feuerwehrplan und Schlüsseln). Solche Schnittstellen sind oft Teil des Brandschutzkonzepts und sollten im Evakuierungsdokument nicht fehlen, um alle über ihre Aufgabe zu informieren. Beispielsweise: “Der ersteintreffende Feuerwehr-Trupp erhält vom Sicherheitsingenieur eine Lageschilderung und wird über vermisste Personen informiert.” Damit das klappt, müssen intern wiederum Mechanismen existieren, vermisste Personen festzustellen (dazu später mehr).

  • Kommunikation an alle Mitarbeiter: Während und nach der Evakuierung ist es wichtig, dass die Belegschaft informiert bleibt. So sollten Durchsagen oder andere Kanäle genutzt werden, um z.B. Entwarnung zu geben oder weitere Anweisungen (“Bitte begeben Sie sich geordnet zurück an Ihren Arbeitsplatz” oder “Betriebsschließung – bitte nach Hause gehen und Anweisungen per SMS abwarten”). In heutigen Zeiten können digitale Kanäle wie Massen-SMS, Smartphone-Apps, E-Mail-Broadcast oder Intranet-Liveticker hierfür eingesetzt werden. Ein gut vorbereitetes Unternehmen hat vorformulierte Nachrichten in petto. Die Dokumentation benennt idealerweise, wer die Autorisierung hat, solche Nachrichten abzuschicken (z.B. nur der Krisenstabsvorsitzende) und über welche Plattform (z.B. ein Alarmserver oder eine Notfall-App).

Schnittstellenmanagement: Das Zusammenwirken verschiedener Akteure – intern und extern – erfordert klare Schnittstellendefinitionen. Einige Beispiele, die dokumentiert sein sollten:

  • Wer übergibt die Einsatzleitung an die Feuerwehr? Im Gesetz heißt es zwar “Die Feuerwehr übernimmt bei Eintreffen”, doch muss betriebsintern geregelt sein, wer dann als Ansprechpartner fungiert und Informationen liefert (Gebäudeschlüssel, Gefahrstoffkataster). Oft wird der Brandschutzbeauftragte oder ein Werkschutzleiter diese Rolle einnehmen.

  • Wie wird mit Behörden kommuniziert? In Störfallbetrieben z.B. muss binnen kurzer Zeit die zuständige Behörde informiert werden. Der Alarmplan kann Checklisten enthalten (“Umweltbehörde binnen 1h informieren bei austretenden Gefahrstoffen, durch wen: ”).

  • Nachbarschaft / Öffentlichkeit: Betrifft eine Evakuierung möglicherweise auch Anwohner (z.B. Gefahrstoffwolke), ist festgelegt, wie diese alarmiert werden – über Lautsprecher, Sirenen (Katastrophenschutz) oder Rundfunksdurchsage. Unternehmen, die Teil von Industrieparks sind, müssen ihre Konzepte mit den Nachbarfirmen abstimmen (oft gibt es gemeinsame Sirenen oder Vereinbarungen zur gegenseitigen Hilfe). Diese Interfaces gehören dokumentiert, meist in Form von gegenseitigen Notfallplänen.

Dokumentationsform der Abläufe: Zur Veranschaulichung und Eindeutigkeit werden Abläufe in der anweisenden Dokumentation häufig grafisch dargestellt, z.B. mit Flussdiagrammen oder Ablaufplänen. Ein Alarm- und Evakuierungsschema könnte wie in DGUV 205-033 etwa in Stufen gegliedert sein (Erkennung – Alarmierung – Räumung – Rückmeldung – Nachbereitung). Jeder dieser Schritte wird dann im Text genauer erläutert. Zudem können Checklisten beigefügt sein, damit in Echtzeit nichts vergessen wird. Beispielsweise erhält der Evakuierungsleiter eine Checkliste: “Bei Evakuierung: 1) Warnweste anziehen, 2) zur Alarmtafel begeben, 3) Prüfen welche Bereiche Alarm, 4) Funkspruch an Helfer ‘Räumung einleiten’, 5) Feuerwehr einweisen… etc.” Solche Checklisten sind sehr empfehlenswert, da sie in hektischen Situationen als Gedächtnisstütze dienen.

Insgesamt gewährleistet ein gut dokumentierter Alarmierungs- und Kommunikationsablauf, dass im Ernstfall schnell und gezielt Informationen fließen und alle relevanten Stellen eingebunden sind. Die Erfahrung zeigt, dass Kommunikationsversagen (z.B. niemand ruft die Feuerwehr, weil man es voneinander annimmt; oder Mitarbeiter hören den Alarm nicht) schwerwiegende Folgen hat – dem beugt man durch Redundanz und klare Vorschriften vor. Für das Facility Management bedeutet es, auch in die technische Infrastruktur zu investieren (Alarmierungsanlagen, Lautsprecher, Notfalltelefone) und diese in die organisatorischen Konzepte zu integrieren. Eine anweisende Dokumentation, die beides verknüpft – Technik und Organisation – gibt hier die notwendige Anleitung und Sicherheit.

Integration mit digitalen Gebäudemanagement-Systemen (CAFM, IoT)

Im Zeitalter der Digitalisierung bieten sich völlig neue Möglichkeiten, ein Evakuierungskonzept effizient zu unterstützen. Moderne Computer-Aided Facility Management (CAFM)-Systeme, Gebäudeleittechnik und IoT-Plattformen erlauben es, anweisende Dokumentation dynamisch und vernetzt zu nutzen. In industriellen Anlagen, wo sich Anlagenstatus und Personendaten stetig ändern, ist dies besonders wertvoll.

Die Dokumentation sollte daher auch darlegen, wie digitale Tools in das Evakuierungskonzept eingebunden sind:

  • Gebäudeautomation und Alarmierung: Viele Betriebe koppeln ihre Brandmeldeanlage (BMA) und Sprachalarmierung mit dem Gebäudemanagement. So können im Alarmfall automatisch vordefinierte Ansagen abgespielt und z.B. elektronische Türverriegelungen zentral entriegelt werden. Im CAFM bzw. der Gebäudeleittechnik (GLT) können entsprechende Skripte hinterlegt sein: Feueralarm in Bereich X -> Steuerbefehl: alle Brandschutztüren auf, Lüftung aus, Aufzüge ins Grundgeschoss, Notbeleuchtung an (auch das gehört zur Evakuierungsstrategie). Die anweisende Dokumentation sollte diese Automatismen beschreiben, damit die Verantwortlichen wissen, was automatisch passiert und wo manuell einzugreifen ist. Beispiel: “Die Gebäudeautomation schaltet bei Evakuierungsalarm die Lüftungsanlage ab und aktiviert die Rauchabzugsanlagen; manuelles Auslösen durch Evakuierungshelfer ist nur bei Störung erforderlich.” Ebenso kann vorgesehen sein, dass das System vorgeplante Durchsagen in mehreren Sprachen abspielt, um alle zu erreichen.

  • Digitale Helfer für Evakuierungsmanagement: Zunehmend kommen Spezialsoftware und Apps zum Einsatz, die den Evakuierungsprozess begleiten. Ein prominentes Beispiel ist die Mitarbeiter-Erfassung am Sammelplatz mittels digitaler Mittel. Anstelle von Papier-Listen kann z.B. jeder Evakuierungshelfer eine Smartphone-App nutzen, um per Scan der Mitarbeiterausweise oder via automatischer Anwesenheitslisten festzustellen, wer am Sammelplatz angekommen ist. Einige Systeme integrieren sich mit RFID-Zutrittskontrollsystemen – sie erkennen, welche Mitarbeiter im Gebäude eingeloggt waren und überprüfen live am Sammelpunkt, wer fehlt. Solche Lösungen beschleunigen die Vollzähligkeitskontrolle erheblich und geben im Ernstfall schnelle Auskunft, ob noch jemand vermisst wird (und falls ja, wer und möglicherweise wo zuletzt gesehen). Die Dokumentation sollte beschreiben, ob und wie so ein System genutzt wird: “Am Standort wird das Evakuierungstool X eingesetzt. Alle Bereichsverantwortlichen führen das firmeneigene Tablet mit und melden die Ankunft der evakuierten Personen digital. Die Zusammenführung der Daten erfolgt in der Leitstelle, welche binnen 3 Minuten nach Räumungsbeginn eine Liste der Abwesenden generiert.” Diese Daten können dann gezielt an die Feuerwehr weitergegeben werden (“Es werden noch 2 Personen in Halle 3 vermisst laut System”).

  • CAFM-gestützte Auswertung und Wartung: Nach einer Evakuierung (Übung oder Ernst) können digitale Systeme helfen, Daten zu sammeln: z.B. Evakuierungsdauer, Engpässe, Reaktionen. IoT-Sensoren könnten Bewegungsströme aufzeichnen (anonymisiert) und so Bottlenecks aufzeigen. Das ist mehr im Bereich Forschung, aber perspektivisch realistisch. Darüber hinaus unterstützt CAFM die nachweisende Dokumentation: Alle Prüftermine von Notbeleuchtung, Alarmglocken, RWA etc. werden im System verwaltet und deren lückenlose Wartung dokumentiert. Dies indirekt erhöht die Verlässlichkeit im Notfall und gehört zur Compliance. Auch Übungsdaten können erfasst sein (z.B. wer hat an der Evakuierungsübung teilgenommen, wann fand die letzte statt), sodass das System erinnert, wenn wieder eine Übung fällig ist.

  • Informationsverteilung in Echtzeit: Intranets oder Notfallinformationssysteme können genutzt werden, um während eines Notfalls aktuelle Hinweise zu geben. Mancherorts gibt es digitale Gebäudebeschilderung, die im Notfall umschaltet (z.B. Monitore, die sonst Werbung zeigen, blenden “Notfall – bitte benutzen Sie die Treppe” ein). Dies ist Teil der Wegeleitsysteme und Sicherheitskommunikation, die in die Planung integriert gehört. Für Führungskräfte im Krisenstab kann ein digitales Lageboard bereitgestellt werden (man denke an eine Software, die Gebäudegrundrisse mit Echtzeit-Status anzeigt: rot=noch Personen drin, grün=Bereich leer gemeldet). Solche Ansätze stehen in einigen Safety-Management-Plattformen zur Verfügung.

Die Integration digitaler Systeme bedeutet natürlich auch, dass die Cyber-Sicherheit berücksichtigt werden muss – ein Notfallsystem sollte gegen Stromausfall und IT-Ausfall resilient sein (Notstrom, lokale Backup-Prozesse). Die Dokumentation kann hier “Fallback-Regelungen” nennen: “Bei Ausfall der digitalen Erfassung am Sammelplatz wird auf manuelle Listen zurückgegriffen, Formblatt XYZ liegt in den Evakuierungsboxen bereit.”

In Summe kann eine geschickte Digitalisierung die Effektivität und Transparenz einer Evakuierung enorm steigern. Sie erlaubt es, in Echtzeit den Überblick zu behalten und später präzise Analysen zu fahren. Für die anweisende Dokumentation heißt das, sie muss mit den technischen Möglichkeiten mitwachsen: Wo früher ein statischer Aushang war, ist heute vielleicht ein interaktiver Plan auf dem Smartphone. Die Prinzipien bleiben aber gleich – Klarheit, Aktualität, Verständlichkeit. Das Facility Management sollte die digitalen Tools nicht als Selbstzweck einführen, sondern immer entlang der Frage: “Wie unterstützen sie die Sicherheit und wo müssen sie im Konzept verankert werden?” behandeln. Wenn beispielsweise eine Evakuierungs-App genutzt wird, muss auch sichergestellt sein, dass alle sie installiert haben und im Notfall bedienen können – das gehört dann wiederum in die Unterweisung der Mitarbeiter integriert.

Dokumentationsformate, Revision und Audit-Compliance

Bei der Fülle an Inhalten ist es wichtig, auf die Struktur und Formatierung der anweisenden Dokumentation zu achten, sowie auf deren laufende Pflege.

Schließlich müssen die Unterlagen im Auditfall stichhaltig und im Ernstfall brauchbar sein:

  • Format und Gliederung: Eine etablierte Form ist die Zusammenfassung aller relevanten Anweisungen in einem Evakuierungshandbuch oder einer schriftlichen “Evakuierungs- und Räumungsordnung” für den Standort. Dieses Dokument hat üblicherweise eine klare Struktur mit nummerierten Kapiteln (ähnlich wie dieser Beitrag): Zunächst Grundlagen und Geltungsbereich, dann Beschreibung der Gebäude und Zonen, dann Alarmierungsplan, dann Aufgaben der Personen, dann Pläne als Anhänge, etc. Durch klare Überschriften und ggf. ein Inhaltsverzeichnis wird sichergestellt, dass Nutzer gezielt Informationen finden. Übersichten und Grafiken (Organigramme der Notfallorganisation, Ablaufdiagramme) lockern den Text auf und erhöhen die Verständlichkeit – was insbesondere bei einer habilitationsähnlichen Tiefe an Informationen wichtig ist. Zusätzlich zu einem umfassenden Handbuch gibt es meist Auszüge für verschiedene Zielgruppen: z.B. eine Kurzfassung für Mitarbeiter (eine Seite “Merkblatt Notfallmaßnahmen”), detaillierte Dienstanweisungen für Evakuierungshelfer, oder Checklisten für die Haustechnik. Auch Aushangformate (Plakate, Plan-Kästen) sind standardisiert: Fluchtpläne in DIN A3 an Türen, Teil A der Brandschutzordnung im DIN A4-Rahmen an zentralen Punkten etc., gemäß den Vorgaben der DIN 14096 (die u.a. Schriftgrößen und Layout regelt). Es empfiehlt sich, in der Dokumentation selbst festzuhalten, wo überall diese Informationen ausgehängt oder zugänglich gemacht werden (Stichwort Verteilplan der Dokumentation).

  • Versionierung und Revisionsmanagement: Ein Evakuierungskonzept ist nie fertig – Änderungen in der baulichen Struktur, der Nutzung oder Personalstruktur machen Anpassungen erforderlich. Daher muss ein Verfahren etabliert sein, um die anweisende Dokumentation laufend aktuell zu halten. Oft ist im Dokument selbst ein Kapitel “Pflege der Dokumentation” enthalten. Darin könnte festgelegt sein: “Die Überprüfung des Evakuierungskonzepts erfolgt mindestens jährlich sowie anlassbezogen nach jedem relevanten Ereignis (Übung, Brandfall, Umbau). Verantwortlich: Brandschutzbeauftragter. Änderungen sind vom Sicherheitsingenieur freizugeben. Versionierung: Jede Aktualisierung erhält eine neue Revisionsnummer; veraltete Aushänge werden unverzüglich ersetzt.” Gerade bei häufigen Umbauten (typisch in Industriebetrieben) besteht die Gefahr, dass Fluchtwege geändert werden, ohne dass die Pläne sofort angepasst werden – eine gefährliche Lücke. Hier helfen enge Prozesse, z.B. Einbindung des Facility Managements bei jeder baulichen Änderung (Abnahme erst nach Aktualisierung der Sicherheitsdokumente). Manche Unternehmen schreiben auch vor, dass nach einer durchgeführten Evakuierungsübung das Konzept formal überprüft wird. Erkenntnisse, etwa dass ein Sammelplatz ungünstig lag, müssen dann in der nächsten Revision berücksichtigt werden. Jede neue Revision sollte dokumentiert werden (Änderungshistorie). Zudem ist sicherzustellen, dass alte Versionen entfernt werden – nichts ist verwirrender als zwei verschiedene Evakuierungspläne im Umlauf.

  • Audit- und Compliance-Aspekte: In sicherheitsbewussten Unternehmen werden Evakuierungskonzepte regelmäßig intern auditiert oder von externen Prüfern (z.B. der Berufsgenossenschaft, Zertifizierungsaudits nach ISO 45001) begutachtet. Hierbei ist die Dokumentation oft der erste Anknüpfungspunkt. Prüffragen könnten lauten: Existiert ein schriftliches Evakuierungskonzept? Ist es auf aktuellem Stand? Deckt es alle vorgeschriebenen Punkte ab (laut ArbStättV/ASR)? Sind Verantwortliche benannt und geschult? Wurden Übungen dokumentiert? Um diese Fragen sicher zu bestehen, muss die Dokumentation vollständig und konsistent sein. Das heißt, alle gesetzlich geforderten Elemente sollten enthalten sein, zum Beispiel explizit der Passus aus ArbStättV §4(4) mit Fluchtplan und Übungen, um zu zeigen, dass die Forderung erkannt und umgesetzt wurde. Ebenso sollte eine Liste der geltenden Rechtsgrundlagen (ArbStättV, ASR A2.3, DGUV Vorschrift 1 usw.) und Normen (DIN 23601, 14096…) im Dokument aufgeführt sein, mit Verweisen wo deren Anforderungen umgesetzt sind. Manche Unternehmen wählen auch bewusst, das Evakuierungskonzept in ihr Managementsystem einzubinden, z.B. nach ISO 45001 (Arbeitsschutzmanagement) oder ISO 14001 (Notfallvorsorge in Umweltmanagement). Dann wird es Teil der zertifizierten Dokumentation und unterliegt den dortigen Änderungsdiensten.

  • Dokumentation von Schulungen und Übungen: Streng genommen gehören Schulungsnachweise zur nachweisenden Doku. Dennoch empfiehlt es sich, im Evakuierungskonzept festzulegen, wie Unterweisungen zu erfolgen haben (Frequenz, Inhalte) und wie Übungen ablaufen und ausgewertet werden. Hier kann auch ein Formular für das Protokoll einer Evakuierungsübung ins Handbuch aufgenommen werden. So ein Formular enthält z.B.: Datum/Uhrzeit, alarmierte Bereiche, Dauer bis Gebäude geräumt, Anzahl Teilnehmer, aufgetretene Probleme, Verbesserungsvorschläge. Wenn solche Anhänge bereitstehen, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass Übungen systematisch dokumentiert werden – was wiederum bei Audits als Nachweis zählt. Die DGUV betont z.B., dass alle Mitarbeiter regelmäßig an Evakuierungsübungen teilnehmen sollen; es reicht nicht, nur ein paar ausgewählte Personen zu schulen. Diese Grundsätze fließen idealerweise in betriebliche Anweisungen ein (“alle Mitarbeiter sind verpflichtet, sich an Räumungsübungen zu beteiligen; Nichtteilnahme ist zu begründen und nachzuholen”).

  • Verfügbarkeit im Notfall: Ein oft übersehener Aspekt: Die beste Dokumentation nützt nichts, wenn sie im Notfall nicht zugänglich ist. Daher sollte an robuste Verfügbarkeitskonzepte gedacht werden. Beispielsweise: Wenn das interne Computernetz ausfällt oder man darf beim Verlassen nichts mitnehmen, sollten kritische Infos redundant vorhanden sein. In vielen Gebäuden gibt es daher im Eingangsbereich einen Feuerwehrinformationskasten (FIK), in dem ein Satz relevanter Pläne und Schlüssel hinterlegt sind – primär für die Feuerwehr, aber notfalls auch für Betriebsverantwortliche greifbar. Evakuierungshelfer könnten kleine gedruckte Bereichspläne bei sich tragen, etc. Diese praktischen Maßnahmen kann man im Konzept erwähnen (“Hardcopy der aktuellen Fluchtpläne liegt an der Pforte im Ordner ‘Notfallpläne’ bereit”).

Schließlich ist die Compliance nicht allein Papierarbeit – sie muss im Alltag gelebt werden. Daher sollte das Evakuierungsdokument kein “Regalhüter” sein, sondern integraler Bestandteil der Sicherheitskultur. Executive Facility Manager sollten die Inhalte in Regelkommunikationen einfließen lassen, in Meetings betonen und durch sichtbare Maßnahmen (Aushänge, Drills) zeigen, dass dies ernst gemeint ist. Nur dann erfüllt die anweisende Dokumentation ihren Zweck: nämlich im Ernstfall Leben und Gesundheit zu schützen und gleichzeitig dem Unternehmen Rechtssicherheit zu geben.

Zur Veranschaulichung der obigen Ausführungen sollen einige praktische Beispiele und erprobte Best Practices aus dem industriellen Kontext dienen:

  • Best Practice 1 – Evakuierungskonzept in einem Chemiepark: In einem großen Chemiepark mit mehreren Produktionsbetrieben wurde ein gemeinsames, zonenbasiertes Evakuierungssystem etabliert. Das Gelände ist in Alarmzonen unterteilt, die exakt den Brandabschnitten und Gefahrenbereichen der Betriebe entsprechen. Bei einem Störfall (z.B. Chlorgasaustritt in Betrieb A) wird zunächst nur die Zone A1 (unmittelbarer Umkreis) zur Evakuierung alarmiert, während angrenzende Zonen eine Warnung erhalten. Dies geschieht über ein zentrales Sirenen- und Lautsprechersystem mit differenzierten Signalen. Die anweisende Dokumentation für alle Betriebe enthält eine Signalübersicht (z.B. “Heulton auf/ab = Gefahrstoffalarm, Maßnahmen: Fenster schließen, Anweisungen abwarten” vs. “durchgehender Ton = Feueralarm, Maßnahme: sofort räumen”). Durch dieses Konzept konnten in der Vergangenheit Evakuierungen gezielt und ohne Massenpanik durchgeführt werden, selbst wenn nur Teilbereiche betroffen waren. Wichtig war hier die enge Abstimmung mit der öffentlichen Gefahrenabwehr: Die Sirenensignale sind mit der Stadt abgestimmt, damit Anwohner bei Bedarf gewarnt werden. Lehren aus diesem Beispiel: Klar definierte Alarmsignale und Zonenkonzepte in der Dokumentation ermöglichen eine skalierbare Evakuierung je nach Lage.

  • Best Practice 2 – Digitale Evakuierungsunterstützung in einem Logistikzentrum: Ein internationales Logistikunternehmen hat an seinen deutschen Standorten ein digitales Evakuierungstool eingeführt. Jeder Schichtleiter besitzt ein Tablet, auf dem in Echtzeit der Evakuierungsstatus visualisiert wird. Bei Alarm erhalten alle Mitarbeiter über eine Smartphone-App die Nachricht, welches Gebäude zu verlassen ist und wo ihr Sammelplatz ist (mehrsprachig, da viele Fremdsprachige arbeiten). Am Sammelplatz meldet sich jeder via App als “sicher”, alternativ scannt ein Koordinator die Personalausweise mit dem Tablet. Die App ist mit dem zentralen HR-System gekoppelt, sodass eine Liste der Anwesenden vorliegt (via Einchecken am Morgen). In mehreren Übungen hat sich gezeigt, dass binnen wenigen Minuten nach Alarm eine Vollständigkeitsprüfung möglich war – vermisste Personen konnten namentlich identifiziert und zuletzt gesehener Bereich ermittelt werden. Die Dokumentation des Logistikzentrums wurde dahingehend angepasst: traditionelle Namenslisten und Handzeichen wurden ersetzt durch dieses System, und die Evakuierungshelfer wurden auf dessen Benutzung geschult. Ein Vorteil war auch, dass das System automatisch Übungsstatistiken erfasste (Dauer, Beteiligungsquote), die dann in Management-Reviews diskutiert wurden. Diese digitale Transformation zeigt, wie Technik die Effizienz steigert – jedoch betonen die Verantwortlichen, dass sie immer einen “Plan B” (Papierlisten) parat halten, falls Technik versagt. Die Erkenntnis hier: Integration von CAFM/IT in Evakuierungsprozesse kann deren Qualität erhöhen, muss aber in der Dokumentation klar verankert und mittels Schulung etabliert sein.

  • Best Practice 3 – Schulungskonzept für Evakuierungshelfer in einem Industriebetrieb: Ein mittelständischer Maschinenbau-Betrieb setzt auf ein erweitertes Schulungsprogramm: Neben der standardmäßigen Ausbildung zum Brandschutz- und Evakuierungshelfer durch die BG integriert er firmeninterne Szenario-Schulungen. In einem leerstehenden Hallenabschnitt wird z.B. mit Nebelmaschinen und Dummy-Opfern eine Evakuierung simuliert, sodass die Helfer lernen, unter realistischen Bedingungen Räume abzusuchen und mit Verrauchung umzugehen. Die anweisende Dokumentation (Teil C der Brandschutzordnung) wurde um detaillierte Module ergänzt, die diese Szenarien beschreiben. Zudem werden alle neuen Führungskräfte als Evakuierungsleiter-Backups trainiert, um Redundanz zu schaffen. In Audits konnte der Betrieb hier punkten, da die Dokumentation vorbildlich nachwies, dass alle Mitarbeiter eingebunden sind – selbst Geschäftsleitungsmitglieder nehmen an Räumungsübungen teil, was ein Zeichen für Sicherheitskultur ist. Die DGUV bestätigt, dass eine solche breite Beteiligung essenziell ist: “Eine Qualifizierung einiger weniger Personen ist nicht zielführend. Alle Beschäftigten sind gefordert, die Evakuierung zu unterstützen…”. Fazit: Intensive, praktisch orientierte Schulungen und ein konsequent gepflegtes Dokumentations- und Übungssystem sorgen dafür, dass im Notfall wirklich alle Hand in Hand arbeiten.

  • Fallbeispiel – Ereignis-Analyse: Ein reales Ereignis soll zeigen, wie Dokumentation wirkt: In einem Industriebetrieb kam es zu einem Entstehungsbrand in einer Produktionshalle. Dank des vorhandenen Evakuierungskonzepts verlief die Räumung reibungslos: Der nächstgelegene Handmelder wurde betätigt, woraufhin das vorgeschriebene akustische Signal und eine automatische Durchsage “Achtung, Feueralarm in Halle 3, verlassen Sie geordnet das Gebäude Richtung Ausgang Nord” erfolgten. Die Beschäftigten hatten diese Ansage bereits aus Übungen gekannt, reagierten daher geordnet. Evakuierungshelfer führten noch zwei zögernde Mitarbeiter hinaus und prüften die Sanitär- und Nebenräume, entsprechend ihrer Checkliste. Am Sammelplatz wurde innerhalb von 4 Minuten Vollzähligkeit festgestellt. Als die Feuerwehr eintraf (8 Minuten nach Alarm), konnte der Evakuierungsleiter ihr sofort mitteilen, dass keine Person mehr im Gebäude ist und ihnen einen aktuellen Feuerwehrplan aushändigen. Die Feuerwehr lobte ausdrücklich die gute Vorbereitung – vor allem die aktuelle Beschriftung der Räume und Anlagen auf dem Plan, was das Auffinden des Brandherds erleichterte. Im Nachgang wurde als Verbesserungsvorschlag aufgenommen, die interne Telefonkette zu optimieren, da die Nachricht über Betriebsstopp nicht alle Abteilungen schnell genug erreichte – dies floss als Ergänzung in die Dokumentation ein. Dieses Beispiel zeigt: Ein lebendiges Evakuierungskonzept, das trainiert und auf dem aktuellen Stand gehalten wird, zahlt sich im Ernstfall aus, indem es Schäden minimiert und Sicherheit maximiert.